Therapieangebote

Strahlentherapie heute

Ein Interview mit PD Dr. Ulrike Höller

Wann wird Strahlentherapie eingesetzt?

Dr. Ulrike Höller: Strahlentherapie behandelt und heilt seit vielen Jahren sowohl gutartige Erkrankungen als auch Tumore. Das Verfahren ist eine der drei erprobten Säulen der Krebstherapie, neben der Chirurgie und der Therapie mit Medikamenten (Chemotherapie, Immuntherapie, Hormontherapie). Häufig wird Strahlentherapie vor oder nach einem operativen Eingriff eingesetzt. Sie kann eine Operation jedoch auch ersetzen. Es ist damit außerdem möglich, fortgeschrittene Erkrankungen zurückzudrängen. Auch tumorbedingte Symptome wie Schmerzen oder Luftnot können durch Strahlentherapie gelindert werden.

Wie funktioniert Strahlentherapie heute? 

Dr. Ulrike Höller: Die Therapie basiert auf hochenergetischer Strahlung. In den meisten Fällen kommen Photonen, manchmal auch Elektronen zum Einsatz, beides gut erforschte Strahlenarten. Photonen eignen sich für tieferliegende Gewebe, Elektronen bleiben eher an der Körperoberfläche. Mittlerweile ist die Strahlentherapie einer der innovativsten Bereiche der Medizin: In den letzten Jahren gab es enorme Fortschritte in der computergestützten Diagnostik und Planung sowie in der Bestrahlungstechnik. Mit Geräten wie den „Linearbeschleunigern“ wird sehr zielgenau behandelt. Prinzipiell macht man sich bei der Tumortherapie zu Nutze, dass Krebszellen strahlenempfindlicher sind als gesunde Zellen und daher an der Vermehrung gehindert und vernichtet werden können.

Welche Vorteile bieten die innovativen Therapiemethoden?

Dr. Ulrike Höller: Die modernen Verfahren der Strahlentherapie ermöglichen es, die Lage und das Volumen eines Tumors präzise zu bestimmen. Auf dieser Basis erfolgt dann eine zielgerichtete Bestrahlung. Organe und gesundes Gewebe werden auf diese Weise geschont, Nebenwirkungen bestmöglich vermieden. Gleichzeitig führt die Therapie zu deutlich besseren Resultaten, da sich die Dosis im Tumor erhöht.

Behandlungsspektrum

Wir behandeln sowohl Tumorerkrankungen als auch gutartige Erkrankungen wie z.B. chronische Entzündungen.

Tumorerkrankungen

Mit unserem Therapieangebot sind wir in der Lage, eine große Bandbreite an Krebserkrankungen zu behandeln, u.a.

  • Brustkrebs
  • Enddarmkrebs
  • gynäkologische Tumore
  • Kopf-Hals-Tumore
  • Hautkrebs
  • Lungenkrebs
  • Tumore im Magen-Darm-Trakt
  • Prostatakrebs

Die Strahlentherapie wird auch zur Linderung von Schmerzen eingesetzt.

Je nach Erkrankung wird die Strahlentherapie unter Umständen kombiniert mit

  • Medikamenten (niedrigdosierte Chemotherapie)
  • einer Antikörpertherapie (Immuntherapie)
  • einer Hormontherapie
  • supportiven Therapien (Vermeidung/Linderung von Nebenwirkungen)

Ob und warum eine solche kombinierte Therapie möglicherweise zum Einsatz kommt, wird im beratenden Erstgespräch geklärt. Die Behandlungskonzepte werden meist zusammen mit Kolleginnen und Kollegen anderer Fachbereiche im Rahmen einer Tumorkonferenz festgelegt.

Gutartige Erkrankungen

Bei vielen entzündlichen und degenerativen Erkrankungen, wie z.B.

  • Arthrose
  • Fersensporn
  • Tennisarm

erzielt eine niedrig dosierte Strahlentherapie sehr positive Resultate. Sie wirkt entzündungshemmend und schmerzlindernd.

  • Achillessehnenreizung
  • Arthrose
  • chronische Entzündungen 
  • degenerative Gelenkerkrankungen
  • Fersensporn
  • Golfer-/Tennisarm bzw. -ellenbogen        
  • Kalkschulter
  • Morbus Dupuytren
  • Morbus Ledderhose
  • Morbus Peyronie 
  • Verknöcherungen
  • Schultersteife 

   

Fragen zum Behandlungsablauf

Sie können sich telefonisch oder persönlich selbst anmelden. In manchen Fällen werden die Patientinnen und Patienten von der behandelnden Ärztin oder vom behandelnden Arzt angemeldet. Ambulante Patientinnen und Patienten benötigen einen Überweisungsschein des Haus- oder Facharztes.

Zur korrekten Einschätzung der Situation benötigen wir möglichst die kompletten Untersuchungsbefunde, Bilder (Röntgen/CT/MRT; möglichst auf CD), Arztberichte und Laborwerte. Es ist hilfreich, wenn wir die Unterlagen schon vor dem Gespräch von der zuweisenden Ärztin oder vom zuweisenden Arzt erhalten.

Wir beraten Sie im ersten Gespräch ausführlich zum Ablauf der Therapie, zu sinnvollen Kombinationsbehandlungen (zum Beispiel mit Chemotherapie), zu Verhaltensweisen und zur Nachsorge. Dabei erläutern wir Ihnen Nutzen und Risiken der Behandlung sowie mögliche Alternativen und beantworten alle Ihre Fragen. Unser Ziel ist es, ein optimal auf Ihre Situation abgestimmtes Therapiekonzept zu erstellen.

Für die Planung der Therapie vereinbaren wir mit Ihnen einen oder zwei weitere Termine. Zunächst wird mit Computertomographie ein dreidimensionales Modell erstellt. Damit bestimmt Ihre betreuende Ärztin oder ihr betreuender Arzt, welche Körperregion genau bestrahlt wird und in welcher Liegeposition dies erfolgt. Möglicherweise werden dafür spezielle „Lagerungshilfen“ (zum Beispiel spezielle Kopfkissen) angefertigt. Die Strahlenphysik legt dann die für Sie optimale Bestrahlungstechnik fest. In vielen Fällen wird das Vorgehen mit Ihren Ärztinnen und Ärzten aus anderen Fachdisziplinen abgestimmt.

Die Bestrahlung erfolgt über mehrere Wochen ein- oder zweimal täglich, jeweils von Montag bis Freitag. Der einzelne Termin dauert 5 bis 20 Minuten, wobei die Bestrahlung selbst nur 1 bis 5 Minuten in Anspruch nimmt. Außerdem finden über den Zeitraum der Therapie regelmäßig ärztliche Untersuchungen und Gespräche statt.

Die Behandlung findet in den meisten Fällen ambulant statt. Kombinationsbehandlungen oder Ihr Allgemeinbefinden können jedoch eine stationäre Aufnahme erfordern. Ihre betreuende Ärztin oder Ihr betreuender Arzt bespricht mit Ihnen im Erstgespräch, ob und unter welchen Umständen ein stationärer Aufenthalt bei Ihnen nötig sein könnte.

Am Ende der Therapie bespricht Ihre betreuende Ärztin oder Ihr betreuender Arzt mit Ihnen Verhaltensmaßnahmen und Empfehlungen für das weitere Vorgehen. Außerdem gibt es regelmäßige Kontrollen, um mögliche Nebenwirkungen der Therapie zu erkennen und zu therapieren. Bei Problemen und Fragen stehen wir jederzeit kurzfristig zur Verfügung.

Behandlungstechniken

Die Therapien am MVZ entsprechen dem neuesten Stand der Wissenschaft und Technik. Hier erhalten Sie Informationen zu den Vorgehensweisen der modernen Strahlentherapie und zu den einzelnen Behandlungsformen. 

Grundlagen moderner Strahlentherapie

Computergestützte Planung

Alle modernen Verfahren der Strahlentherapie arbeiten mit Computertomographie. Die betreuende Ärztin oder der betreuende Arzt erstellt auf diese Weise Datensätze und Querschnittsbilder des Körpers, auf deren Grundlage eine exakte Planung erfolgt. 

Bildgesteuerte Strahlentherapie (IGRT Image-guided Radiation Therapy)

Für den Erfolg der Therapie ist es wichtig, dass die Patientin oder der Patient sich jedes Mal in derselben Liegeposition befindet. Moderne Geräte wie die sogenannten „Linearbeschleuniger“ ermöglichen Kontrollaufnahmen vor jeder Behandlung. Die Position der Patientin/des Patienten wird so genau überprüft und möglicherweise sofort korrigiert. Dieses bildgebende Verfahren erhöht die Präzision der Behandlung.

Bestrahlungstechniken

Höchstpräzisions-Bestrahlung im Kopf und Rumpf-Bereich

Mit der Höchstpräzisions-Bestrahlung kann eine hohe Dosis auf ein sehr kleines Areal beschränkt werden. Ziel ist, das bestrahlte Gewebe zu zerstören: Auf diese Weise werden z.B. Metastasen im Gehirn bekämpft.

3D konformale Bestrahlung 

Für die 3D konformale Bestrahlung generiert der Computer dreidimensionale Modelle des Körpers. Mit Hilfe der Bilder kann die betreuende Ärztin oder der betreuende Arzt die Tumorregion exakt erfassen und von der Umgebung abgrenzen. Auf dieser Grundlage berechnen die Strahlenphysikerinnen und -physiker dann eine zielgerichtete Bestrahlung. Das gesunde Gewebe wird damit bestmöglich geschont.

Intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT)

Die IMRT erlaubt es, die Dosis innerhalb einer Bestrahlungsregion besonders fein zu justieren. Im Prinzip teilt diese Technik die Region in viele kleine Felder auf, die aus unterschiedlichen Richtungen bestrahlt werden Auf diese Weise werden auch komplex geformte Tumore präzise behandelt und empfindliche Organe noch besser entlastet.

Atemgesteuerte Behandlung (Atemgating)

Organe und Tumore im Brust- und Bauchbereich verschieben sich mit der Atmung. Die sogenannte atemgesteuerte Bestrahlung erfolgt daher in einer bestimmten Atemphase (z.B. beim tiefen Einatmen), in der die Bewegung gering ist. Die Bestrahlungsfelder werden gleichzeitig sehr klein gehalten. Auf diese Weise ist es möglich, den Tumor präzise zu bestrahlen und die Umgebung zu schonen.

Volumetrische Rotationstechnik (VMAT Volumetric Modulated Arc Therapy)

Bei dieser Technik rotiert das Bestrahlungsgerät um die Patientin oder den Patienten: Der englische Begriff „arc“ steht für „Umdrehung“. Die Strahlung wird auf diese Weise exakt dosiert über die Behandlungsregion verteilt. Das Gerät kann auch seine Geschwindigkeit verändern, z.B. wenn aus einer bestimmten Richtung eine hohe Dosis nötig ist. Auch große oder sehr kleine Tumore in komplexen Positionen werden so äußerst zielgerichtet bestrahlt und das umliegende Gewebe geschont.

Geräteausstattung

Linearbeschleuniger

Das MVZ für Strahlentherapie Charité Vivantes verfügt über zwei Linearbeschleuniger der neuesten Generation, die alle Möglichkeiten moderner Strahlentherapie vereinen. Die Geräte verbinden Röntgen, Computertomographie und Bestrahlungstechnik. Die Lage der Patientin oder des Patienten kann damit vor jeder Bestrahlung exakt kontrolliert werden. Das Tumorgewebe wird präzise bestrahlt, das umliegende gesunde Gewebe bestmöglich geschont. Die Strahlung kommt aus dem Beschleunigerkopf. 

Produktvideo

Computertomograph

Alle modernen Verfahren der Strahlentherapie arbeiten mit Computertomographie. Die betreuende Ärztin/der betreuende Arzt erstellt mit Hilfe des Computers Datensätze und Querschnittsbilder des Körpers, auf deren Grundlage eine exakte Planung der Bestrahlungsserie erfolgt.